Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft? Unbedingt!
„Und was macht man dann damit?“ ist die Frage, mit der sich Geisteswissenschaftler am häufigsten auseinandersetzen müssen, wenn es um die Wahl ihres Studienfachs geht. Viele Menschen können sich einfach nicht vorstellen, was für eine Karriere man mit einem Abschluss in Kunstgeschichte, Skandinavistik oder Philosophie einschlagen kann, bzw. dass eine Karriere überhaupt möglich ist. Schaut man sich allerdings einmal in unserer Unternehmenslandschaft um, wird dieses Vorurteil schnell Lügen gestraft. Geisteswissenschaftler sind überall: Im Personalwesen, im Finanzbereich, sogar in einigen Vorständen. Und es werden ständig mehr, denn die Wirtschaft hat die Vorzüge von Geisteswissenschaftlern längst für sich entdeckt.
Das Studium der Geisteswissenschaften, egal worauf man sich spezialisiert, lehrt die Studierenden vor allem eins: Selbstständiges Arbeiten. Man muss mit Quellen umgehen können, mit Menschen unterschiedlichster Kulturen und natürlich muss man in der Lage sein Lösungen zu finden, häufig auf unterschiedlichsten Wegen. Immer wieder muss man sich in unbekannte Wissens- und Handlungsfelder einarbeiten und danach in Referaten oder Hausarbeiten überzeugen. Komplexe Strukturen schnell erfassen und aufbereitet wiedergeben, ist hier an der Tagesordnung. Geisteswissenschaften bilden also sozusagen „Allrounder“ aus.
Genau diese Fähigkeiten kommen ihnen in der Wirtschaft zugute. Wenn ein Germanist beispielsweise eine Pressemitteilung schreiben soll, muss er sich lediglich ein paar Beispiele ansehen. Danach kann er den Aufbau problemlos duplizieren und das vorgegebene Thema in diese Struktur übersetzen. Wirtschafts- und Naturwissenschaftler sind es dagegen gewohnt sich in vorgegebenen bekannten Strukturen zu bewegen und nicht erst welche erkennen zu müssen. Die Geisteswissenschaften sind hier also eindeutig im Vorteil.
Unternehmensberater, Finanzdienstleister oder Automobilkonzerne setzen in Bereichen, wie Personal- und Kommunikation gerne auf Geisteswissenschaftler. Außerdem tun sich in der Berufswelt täglich mehr Welten und Tätigkeitsfelder auf, für die Studierende der Geisteswissenschaften geradezu prädestiniert sind. Zum Beispiel im Bereich Informationstechnologie (IT). Wenn es um IT-basierte Archivierung geht, braucht man natürlich Programmierer und Datenmanager, genauso benötigt man aber Fachkräfte, die das enthaltene Wissen verständlich aufbereiten und wiedergeben können.
Im Marketing und Personalwesen machen sich Geisteswissenschaftler ebenfalls gut. Sie sind kreativ, können Ideen und Konzepte entwickeln, Texte schreiben, Themen umsetzen und präsentieren und natürlich mit Menschen umgehen. Sie haben außerdem die Fähigkeit ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Ob eine Strategie zu einem Unternehmen passt oder nicht, erkennen Sie sofort und können sie entsprechend umarbeiten oder auch ganz von vorne anfangen.
Oft bringen die studieren Fachkräfte auch noch weitere Vorzüge mit. Viele verfügen über fundierte Sprachkenntnisse in einer oder mehreren Fremdsprachen, haben Auslandserfahrung oder führen themenspezifische Blogs, weshalb sie sich mit Software wie Photoshop oder TYPO3 auskennen. Generell geht der Trend bei Personalern dorthin, nicht auf Studiengang oder Noten zu schauen, sondern auf die Praxiserfahrung. Das können Praktika sein, aber eben auch Hobbies, die für eine Tätigkeit in einem Unternehmen relevant sind. Ein Germanist der aus Interesse einen Wirtschafts-Blog betreibt, hat die gleichen Chancen im Vorstellungsgespräch, wie ein Student der Betriebswirtschaftslehre.
Viele Geisteswissenschaftler wissen zwar gar nicht, wie gut ihre Chancen in der Wirtschaft tatsächlich stehen, doch wird daran mittlerweile gearbeitet. Immer mehr Personalentwickler suchen gezielt nach Fachkräften mit einem geisteswissenschaftlichen Abschluss und entwickeln Recruiting-Strategien, um genau diese Zielgruppe anzusprechen.
Die Frage: „Und was macht man dann damit?“, kann also inzwischen guten Gewissens beantwortet werden mit: „Alles, was ich möchte.“
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